Norwegen 2010
Ein Bericht von Michael S.
 
Angeltrip Norwegen 2010

Nach etlichen Angeltrips ins schwedische Västervik in den vergangenen Jahren und einem Jahr berufsbedingter Pause wollte ich 2010 unbedingt wieder gen Norden. Diesmal sollte es aber nicht mehr nach Västervik gehen, etwas Neues, Unbekanntes musste her. Das Aufspüren der Fische an unbekannten Gewässern, das Finden neuer Plätze, am Besten an noch in der Szene unbekannten Gewässer, das gehört für mich zum Hechtangeln wie der Boilie zum Karpfenfischen.

Und so viel die Wahl diesmal auf einen größeren See im Süden Norwegens. Einzig ein Amateurvideo einer Gruppe Spinnfischer mit reichlich Kleinhecht konnten wir im Internet aufspüren, das war es aber auch was wir an Informationen über den See ausfindig machen konnten. „Großhechte wird es in so einem großen Gewässer wohl genug geben“ beruhige ich die Truppe, aber Jens nimmt dieses Video zum Anlass bei jeder Gelegenheit auf unsere diesjährige Zielfischgröße hinzuweisen.

Ende April ging es dann los, Stefan und Jens als Team in einem Leihboot, meine Frau und ich in unserem Buster das unserem Kombi mit stoischer Ruhe und einem Abstand von ca. einem Meter den langen Weg nach Norwegen folgte. Wie immer fuhren wir durch die Nacht um dem Verkehr etwas aus dem Weg zu gehen. Früher als erwartet kamen wir vormittags am Ziel an. Der Weg zu unserer Unterkunft führt dann noch über Stock und Stein, überlaufen ist es hier wirklich nicht. Der See liegt in Sichtweite, den Schlüssel unserer Hütte finden wir wie mit dem Besitzer abgesprochen an seinem Versteck. Nach dem Entern der Hütte sind wir erstmal beruhigt, zumindest schon mal keine böse Überraschungen mit der Unterkunft. Zügig räumen wir das Gepäck aus dem Auto und dem Boot, als auch schon unser Vermieter Magnus vorbeischaut um nach dem Rechten zu sehen. Nach der Begrüßung interessiert uns natürlich gleich wie es aktuell auf Hecht läuft, aber da er kein Angler ist kann er uns keine Infos und Tipps geben. Nur das das Eis seit 2 Wochen weg und generell alles etwas spät ist in diesem Jahr…

Nicht die besten Voraussetzungen, schließlich wollten wir eigentlich deutlich nach der Laichzeit ein abwechslungsreicheres Angeln erleben als sonst gewohnt. Na ja, wenigstens schnell das Boot trailern und raus auf’s Wasser für ein kleines Warm Up, schließlich ist der Tag noch lang. Doch Trailern gestaltet sich schwierig, es gibt nämlich keine richtige Trailerstelle. Also wildes Trailern, aber im matschigen Untergrund leider nicht mit unserem Fronttriebler möglich. Magnus bietet an das mit seinem Geländewagen zu machen, 2 km weiter und 20 min später ist das Boot dann im Wasser. Von Wasser kann man hier aber kaum sprechen, braune Suppe wäre angebrachter. Schmelzwasser der Zuflüsse und heftige Regenfälle der letzten Tage haben viel Schlamm ins Wasser gespült, die Sichttiefe beträgt vielleicht 10cm. „Auf Sicht angeln fällt dieses Jahr wohl flach, und wie sollen wir da Steine im Wasser sehen?“ waren meine ersten Worte zu Stefan der mich auf dem Weg zum Liegeplatz begleitet. Seekarte gibt es keine, aber unser Vermieter meinte auf freiem Wasser können wir ruhig unbedenklich fahren.

So richtig traue ich ihm da nicht, und dann kommt es wie es kommen musste. Intuitiv fahre ich in der Nähe einer Insel langsam, und da tut es auch schon einen kräftigen Schlag im Heck des Bootes – Stein getroffen. Da ist mir so noch nie passiert, und das gleich am ersten Tag. Noch mal gutgegangen, zum Glück ist der Sporn den 50PS – Motors relativ groß und schützt die Schraube vor direktem Steinkontakt. Das wird ja dann ein Spaß wenn das die nächsten 8 Tage so weitergeht.

Gegen Mittag beziehen wir die beiden Boote und legen los, erstmal die Gegend erkunden und schauen wo sich die Hechte denn aufhalten. Schilf hier, Schilf dort, Bucht hin, Kante her – hunderte guter Stellen, aber überall nichts !!! „Wir müssen sie halt erst finden“, versuche ich Ivonne bei Laune zu halten, aber sie wollen irgendwie nicht. Dann endlich an einer Schilfkante doch noch ein Biß, der erste norwegische Monster - Hecht der Tour darf auch noch für ein Beweisfoto herhalten.

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Ein gefundenes Fressen für Jens sich in der Zielfischgröße bestätigt zu fühlen, aber auch er weiß das die ersten Pflaumen oft madig sind.
Am nächsten morgen geht es dann früh raus. Trotz Sichtweite zum See bedarf es einer kurzen Autofahrt zum Boot, schließlich haben wir einiges an Gerät zu befördern. Vor dem Fahren heißt es aber erstmal kratzen, anscheinen war es nachts etwas unter Null Grad. Eine dicke Eisschicht im Boot zeigt das Norwegen doch etwas anders ist als Schweden, aber die Wettervorhersage für die Tage ist im Allgemeinen sonnig und wir somit nicht sonderlich beunruhigt.

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Beunruhigt sind wir erstmal als wir erneut schlecht fangen. Während Jens und Stefan in dem Gebiet weiterfischen das sie Tags zuvor erkundigt hatten bewegen wir uns weiter gen Westen und erkunden einen anderen Bereich des riesigen Gewässers. Die Wassertemperatur erreicht hier im Tagesverlauf schon 10°, trotzdem sind die 6 Hechte aller 4 Angler alle ähnlich groß wie der Hecht des Vortages. Langsam scheint sich Jens Vorahnung leider zu bestätigen, einzig ein etwas besserer Hecht den ich direkt im Schilf zum Biss verführe gibt Anlass zu Hoffnung. Allerdings steigt er aus bevor wir ihn zu Gesicht bekommen…

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Die Stimmung ist abends dann ziemlich am Boden. Die Fische wollen nicht (die Hechte erholen sich wohl gerade vom Laichgeschäft) und das Fahren mit dem Boot im schärenähnlichen Wasser bei null Sichttiefe ist extrem gefährlich. Trotz großer Vorsicht knallt es bei mir schon wieder heftig, diesmal ist der Sporn leicht verbogen. Zumindest ist die Schraube noch heil, was man von Jens und Stefans Propeller nicht behaupten kann. Der ist nach 2 harten Treffern bereits austauschfällig, funktioniert aber noch. Zu allem Übel sind noch 7 Angeltage übrig, und wir haben keinen Plan wie wir die Zeit noch rumbringen sollen. Das hatten wir uns alles etwas anders vorgestellt…
Zumindest kann Stefan noch einen Zander verführen, eine Abwechslung mit der wir garnicht gerechnet hatten.

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Abends in der Hütte machen schon abwertende Sprüche über norwegische Hechte die Runde, besonders Jens sehnt sich bereits nach Västervik, Müritz oder die Bodden zurück. „Sag einfach NEIN wenn ich das nächste Mal Deine Zustimmung zu einem Angeltrip in Norwegen haben möchte“ beichtet er seiner Frau am Telefon die bisherigen schlechten Fänge. Aber Aufgeben gilt nicht…

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Der dritte Tag beginnt für Stefan und Jens dann unerwartet gut, anscheinend gehen die Hechtdamen langsam wieder auf die Jagd. Jens fängt innerhalb kurzer Zeit einen 86er und einen 92er Hecht, auch wir können ein paar, allerdings nach wie vor kleinwüchsige, Hechte und Zander fangen.

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Besonders ein Köder hat es uns angetan, ein von uns „Krauti“ genannter amerikanischer Gummifisch mit versenktem Haken der bedenkenlos durchs Schilf gejerkt werden kann und mir schon im letzten Jahr bei seinem ersten Einsatz einen Meterhecht beschert hatte. Dieser Köder sollte auch zum Highlight des folgenden Tages werden. Morgens früh konnten wir bereits einige Zwerge einsammeln als wir auf dem Weg in ein anderes Gebiet des Sees an einer attraktiven Stelle halten und ein paar Würfe mit „Krauti“ machen. Einer meiner Würfe landet zunächst auf dem Uferfelsen, unbeeindruckt beginne ich ihn aber ins Wasser zu zupfen. Bereits nach 2 oder 3 Zupfern gibt es dann den dann so lange ersehnten heftigen Einschlag an meiner UBS und ich schlage ziemlich heftig an. Der Einzelhaken sitzt und „…das ist ein Guter…“ sprudelt es mir gleich aus dem Mund. Das Schilf ist an dieser Stelle zum Glück nicht so dicht, so macht die Landung auch keine großen Probleme. Obwohl ich nicht glauben kann das der gute Fisch nach dem kurzen Drill bereits erschöpft ist setzte ich zur Handlandung an und hebe die Oma an Board. Das Maßband zeigt 111cm – Personal Best !!! Endlich ist mein persönlicher 105cm – Bann gebrochen. Ein Dutzend Meterhechte in fünf verschiedenen Gewässern habe ich bisher fangen können, mehrfach war 105cm die maximale Größe – wie ein Fluch. Jetzt kann es aufwärts gehen…

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Gleich schicke ich eine SMS an die anderen Beiden, und irgendwie sind wir wie elektrisiert. Es gibt sie also doch, wir hatten sie bisher nur nicht gefunden…
Nach einem Tag Sightseeing an der Küste bei schönstem Kaiserwetter, das hatte ich meiner Frau versprochen, dann am Dienstag der nächste Rückschlag: Schnee !!!
Der Tag wird kurz, nach 3 Stunden geben wir dem Schnee und den Rückenschmerzen von Ivonne geschlagen und verbringen den Tag Karten spielend vor dem Kamin, als auch Jens und Stefan kurze Zeit später aufgeben und uns Gesellschaft leisten.

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Der darauffolgende Tag findet ohne Ivonne statt, ihre Rückenschmerzen sind zu stark. Auch Stefan hat die gleichen Beschwerden, beißt aber die Zähne zusammen. So lassen die Jungs ihr Mietboot heute ruhen und wir starten zu dritt auf dem Buster. Zu dritt macht es auch mehr Spaß und dank des schnelleren Bootes wollen wir uns weiter östlich im See an neuen Stellen versuchen. Aus Platzgründen oder Bequemlichkeit lassen beide ihr Barschgerät im Auto, eigentlich wollten sie ja mal einen Barschtag einlegen.

Das dies noch ein Fehler war zeigte sich dann nach 3 Stunden und 2 kleinen Hechten. Bei der Drift aus dem Tiefen in eine flache Schilfbucht fängt Jens auf 6m Tiefe einen 30er Barsch auf seinen 15er Slotti. Wir setzten die Drift nach dem Erreichen des Schilfes dann nochmal an und erneut fängt Jens einen 35er Barsch.

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Jetzt geht es Schlag auf Schlag, bei jeder Drift fangen wir immer in der gleichen Tiefe schöne Barsche. Während Jens und Stefan auf kleine barschgerechte Größen aus Ivonnes Köderkiste umsteigen und Barschfan Jens auch ihre Barschrute aus der Rutenbox konfisziert genieße ich die Geschmeidigkeit meiner neuen Baitjigger M. Da die Hechte nicht wirklich laufen tausche ich einen 20er Slotti S gegen ein 15er Modell aus und lasse mir somit die Option für Hechte offen. „Sollen halt die größeren Barsche bei mir beißen, ich bin ja eigentlich zum Hechtangeln hier…“ denke ich mir. Und siehe da, ich kann dann auch einige 40+ zum Fototermin bitten.

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Für holländische Gewässer vielleicht normal, ist das für uns Südhessen - geschädigte Barschangeln in Vollendung. Obwohl ich nicht der super Barschfan schlechthin bin macht es einen Riesenspaß. Auch ohne einen 50er Monsterbarsch fangen zu können reicht er doch für 4 meiner 5 größten Barsche, und Stefan als auch Jens fangen reichlich gute Stachelritter. Aufgelockert wird das Ganze dann durch gelegentliche Zander und normalgroße Hechte, die wohl langsam wieder in Schwung zu kommen scheinen. Leider kann ausgerechnet Ivonne das nicht miterleben, fängt sie doch Barsche und Zander auch sehr gerne…

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Am frühen Nachmittag ist der Spuk an diesem Hot Spot wieder vorbei, allerdings können wir an anderen Plätzen noch einige Fische einsammeln. Vom Barschfieber gepackt wird am Abend für den nächsten Tag das Equipment auf den neuen Zielfisch ausgerichtet. Auch Ivonne will es wieder versuchen…
Zunächst startet es gut, doch an den Stellen vom Vortag ist es zunächst wie ausgestorben. Während wir uns dann so mit einigen Hechten, Barschen und Zandern durch den Tag angeln schlagen Jens und Stefan richtig zu. Sie finden noch einige 40+ Barsche an den unendlich vielen Angelplätzen, Zander und Hecht sind ebenfalls immer dabei.
Am letzten Tag starten die mittlerweile zu Barschfanatikern mutierten Jens und Stefan in den erfolgreichen Bereich der letzten zwei Tage, Ivonne und ich wollen uns nochmal in den schönen Westteil des Sees aufmachen. Nach 2,5 Stunden mäßigem Erfolg an verschiedenen Stellen auf dem Weg gen Westteil rufe ich dann sicherheitshalber Jens noch mal an. Nach der Meldung „wir haben jetzt 14 Fische in 2 Stunden, kommt doch hier rüber…“ lege ich den Hebel auf den Tisch und ab geht die Post. Glücklicherweise habe ich schon einige „sichere“ Routen und gefährliche Untiefen in meinen GPS – Kartenplotter eingepeichert, somit dauert der Stellungswechsel nicht allzu lange.
Kaum im neuen „alten“ Gebiet angekommen können wir auch schon die ersten Kontakte verzeichnen, allerdings sind die Bisse ziemlich spitz wir können zunächst keinen Fisch landen. Vielleicht sind die Fische alle von den beiden schon mal gepiesackt worden, deshalb machen wir uns auf an eine Kante die wir am Vortag neu aufgespürt hatten. Und hier rappelt es auch bei uns, reichlich Hecht, Barsch und Zander sind der perfekte Abschluß für diese Tour. Jens und Stefan können mit guten 40+ Barschen jeweils ihren Personal Best fangen, das entschädigt dann auch reichlich für den extrem holprigen Start am Beginn der Tour.

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Gruß
MIchael